Hintergrund

 

Was ist neue Gentechnik?

Seit einigen Jahren kommen neue Gentechnik-Verfahren zum Einsatz. Dazu zählen zum Beispiel CRISPR/Cas, ZFN, TALEN, ODM, Cisgenese, Transgenese und Transgrafting. Die Verfahren ermöglichen direkte Eingriffe in das Erbgut. Dazu wird meist keine fremde DNA in das Erbgut eingefügt - wie das bisher in der Gentechnik der Fall war. Stattdessen werden Gene im Erbgut der Pflanzen aufgesucht und deaktiviert oder verändert. Damit wird versucht, bestimmte Eigenschaften von Pflanzen zu verändern. Ziel ist es, Pflanzen resistent gegen Schadorganismen und Herbizide wie Glyphosat zu machen.

Aus Sicht von ARCHE NOAH sind diese Verfahren der Gentechnik zuzuordnen, denn es findet immer ein Eingriff in das Erbgut statt. Die damit verbundenen Risiken müssen beobachtet und kontrolliert werden. Wer keine Gentechnik in seinem Essen möchte, muss das Recht haben, es zu vermeiden.

Weitere Informationen:
Interview mit der Gentechnik Expertin Eva Gelinsky "Keine Gentechnik durch die Hintertür" 
Then/Bauer-Panskus 2017: Russisches Roulette mit der biologischen Vielfalt
ISAAA 2016: Global Status of Commercialized Biotech/GM Crops
Studie der Arbeiterkammer „Neue biotechnische Züchtungstechniken“
 

 

Risikobewertung und Kennzeichnung sind Pflicht!

Zum Schutz der menschlichen Gesundheit und Umwelt schreiben die Gentechnik-Gesetze vorsorgende Maßnahmen vor. Die Gesetze folgen damit dem sogenannten Vorsorgeprinzip.

Das Vorsorgeprinzip sagt im Wesentlichen, dass mögliche Schäden für die Umwelt und die Gesundheit bereits im Vorhinein vermieden werden sollen. Vor allem, wenn es um komplexe Systeme geht, „die noch nicht voll verstanden worden sind und bei denen die Folgewirkungen von Störungen noch nicht vorausgesagt werden können.“ (Konferenz der Vereinten Nationen über Umwelt und Entwicklung, S. 321)

Die Gentechnik-Gesetze schreiben für den Umgang mit Gentechnik daher vor:

  • Es muss eine umfangreiche Risikoanalyse durchgeführt werden, bevor gentechnisch veränderte Organismen in die Umwelt freigesetzt werden dürfen und damit möglicherweise nicht mehr zurückgeholt werden können.
  • Es braucht eine behördliche Zulassung für den Umgang mit bzw. die Freisetzung von gentechnisch veränderten Organismen. Dabei kann die Behörde bestimmte Auflagen und Bedingungen vorschreiben, um nachteilige Folgen für die menschliche Gesundheit und Umwelt auszuschließen.
  • Weiters gibt es bestimmte Dokumentationspflichten.
  • Nach der Zulassung werden die gentechnisch veränderten Organismen überwacht, um negative Auswirkungen so früh wie möglich zu erkennen und gegebenenfalls entsprechende Gegenmaßnahmen einleiten zu können.
  • Konsument:innen müssen anhand einer Kennzeichnung gentechnisch veränderte Produkte erkennen können.

Weitere Informationen:
Österreichisches Gentechnikgesetz 
EU Freisetzungs-Richtlinie 2001/18/EG
 

 

Nichtregulierung hätte gravierende Folgen

Die Saatgutindustrie hat ein großes Interesse daran, dass die neuen gentechnischen Verfahren nicht als Gentechnik klassifiziert werden. Denn so können die für Gentechnik vorgeschriebenen Zulassungsverfahren, Risikobewertungen und Kennzeichnungspflichten umgangen werden. Das spart ihnen nicht nur Zeit und Geld. Damit kann auch endlich der europäische Markt mit erschlossen werden, der gentechnisch veränderten Produkten bisher sehr ablehnend gegenüberstand.

Sollte diese Strategie aufgehen, hätte das gravierende Folgen. Mangels Kennzeichnung können KonsumentInnen nicht mehr erkennen, „wo Gentechnik drin ist“. Den VerbraucherInnen wird damit die Wahlfreiheit genommen, gentechnisch veränderte Produkte abzulehnen. Auch Bio-Produkte wären dann kein Garant mehr für eine Gentechnik-Freiheit. Denn wenn gentechnisch veränderte Pflanzen einmal ungekennzeichnet angebaut werden, sind Kreuzungen mit Bio- und Wildpflanzen kaum zu verhindern. Es bräuchte derartig viele Sicherheitsvorkehrungen gegen Kontaminationen, dass die Kosten für Biolandwirte und KonsumentInnen untragbar werden.

Weitere Informationen:
IFOAM/FIBL, Socioeconomic impacts of GMOs on European Agriculture, 2017

 

Risiken für Gesundheit, Umwelt und Landwirtschaft?

Die Risiken der neuen Gentechnik-Verfahren sind noch weitgehend unerforscht.Ein paar unabhängige Studien existieren jedoch. Sie belegen, dass die neuen Techniken wie CRISPR/Cas nicht so präzise und sicher sind, wie propagiert. Auch sie können ungewollte Veränderungen mit sich bringen und z.B. die Entstehung von Viren oder Krebs befördern. Sogar die EntwicklerInnen der neuen Verfahren warnen vor ihrer Anwendung beim Menschen, da noch Forschung notwendig sei, um die Risiken besser zu verstehen.

Selbst wenn der gentechnische Eingriff wie geplant verläuft, sind seine gesamten Auswirkungen nicht absehbar: Bei einem Versuch zur Veränderung des Geruchssinns von Motten (Cydia pomonella (L.)) stellte sich zum Beispiel heraus, dass die Veränderung der angesteuerten Erbanlagen nicht nur den Geruchssinn betraf, sondern auch ihre Fruchtbarkeit. – Die „erfolgreich“ veränderten Insekten hatten damit ihre Fortpflanzungsfähigkeit verloren.

Die Vorstellung, mit den neuen Techniken könnten ganz gezielt bestimmte Pflanzeneigenschaften erzeugt oder ausgeschaltet werden, beruht auf unzulässigen Vereinfachungen. Denn eine Pflanze ist ein komplexer Organismus, der in ständiger Wechselwirkung mit anderen Pflanzen, Tieren und dem gesamten Ökosystem steht.

Die Risiken und Nebenwirkungen der neuen Gentechnik-Verfahren können daher sehr weitreichend sein. Sie betreffen die menschliche Gesundheit, die Gesundheit der Nutzpflanzen und Nutztiere und die Gesundheit der Ökosysteme. Vorsorge und Vorsicht, wie sie in der bestehenden Gentechnik-Gesetzgebung verankert ist, muss daher auch Vorrang haben vor der technischen Machbarkeit.

Weitere Informationen:
Then/Bauer-Panskus, Russisches Roulette mit der biologischen Vielfalt (2017)
 

 

Erhöhter Verlust der biologischen Vielfalt

Die Anwendung von Gentechnik in der Pflanzenzüchtung zielt auf die Entwicklung und Vermarktung einiger weniger gewinnversprechenden „Supersorten“ ab. Dieses meist patentierte Saatgut verdrängt zunehmend die Pflanzenvielfalt. Mit gravierenden Folgen: Unsere Ernährung wird abhängig von einigen wenigen landwirtschaftlichen Sorten, in der Hand von wenigen transnationalen Konzernen. Die Eigenständigkeit der LandwirtInnen wird damit noch weiter zurückgedrängt. Sollte sich unter diesen wenigen noch angebauten Sorten einmal ein Krankheitserreger ausbreiten, hätte das katastrophale Folgen für die weltweite Ernährung. Arche Noah setzt sich daher für die Erhaltung der Vielfalt ein. Kulturpflanzenvielfalt stärkt die Anpassung an veränderte Umweltbedingungen, senkt den Einsatz von Pestiziden und trägt zu einer unabhängigen und selbstbestimmten nachhaltigen Landwirtschaft bei.