FAQs zu Bierpatenten

Biervielfalt (c) Johannes Hloch

Hier finden sie Antworten auf häufig gestellte Fragen zu den Bierpatenten.

Was Sie über Bierpatente wissen sollten.

Was kann ich tun?

 
 
  • Bewusst einkaufen: Ein effektiver Weg Carlsberg und Heineken zu zeigen, dass wir Patente auf Pflanzen und die damit einhergehende Privatisierung der Natur nicht dulden, ist, auf ihre Produkte zu verzichten. Setzen Sie Ihre Kaufkraft bewusst ein und greifen zu anderen Marken, bis die Konzerne ihre Patente zurückgezogen haben.
  • Botschaft verteilen: Erzählen Sie Familie, FreundInnen und Bekannten von diesen inakzeptablen Patenten und von unserer Kampagne!
 
 

Welche Biermarken gehören zu Carlsberg & Heineken?

 
 

Carlsberg verfügt in Österreich über keine nennenswerte Marktpräsenz.

Bei Heineken sieht das jedoch anders aus, da dem Konzern die Brau Union, das größte heimische Brauereiunternehmen, angehört. Zur Brau Union zählen viele bekannte Biermarken (in alphabetischer Reihenfolge):

  • Desperados
  • Edelweiss
  • Fohrenburger
  • Gösser
  • Heineken
  • Kaiser
  • Puntigamer
  • Reininghaus
  • Schladminger
  • Schlossgold
  • Schwechater
  • Sol
  • Villacher
  • Wieselburger
  • Zipfer

Einige Biere werden zudem als „Handelsmarken“ der Brau Union vertrieben, z.B. Guinness und Kilkenny.

 
 

Was wurde genau patentiert?

 
 

Zum Patent angemeldet wurden: „Getränke aus Gerste und Malz mit niedrigem Gehalt an Dimethylsulfid“ (EP2373154) sowie „Gerste mit reduzierter Lipoxygenase-Aktivität (EP2384110) und ein damit hergestelltes Getränk“. Dimethylsulfid und Lipoxygenase-Aktivität sind deswegen unerwünscht, weil sie beim Brauvorgang geschmackliche Fehltöne hervorbringen können. Die angebliche „Erfindung“ beruht auf zufälligen Mutationen im Erbgut der Gerste, wie sie in der konventionellen Züchtung oft genutzt werden. In einem dritten Patent beanspruchen die Konzerne die Verwendung der Pflanzen für die weitere Züchtung (EP2575433). Die patentierte Gerste ist aber keine Erfindung. Im Gegenteil ist die Nutzung von zufälligen Mutationen eine Routine unter Züchter*innen, Landwirt*innen und Gärtner*innen.

Die Firma Carlsberg hat im Jahr 2019 weitere Patente auf Gerste und Bier angemeldet hat. In den drei Patentanmeldungen (WO2019129736, WO2019129739, WO2019134962) werden keine technischen Erfindungen beschrieben und keine Verfahren zur gentechnischen Veränderung eingesetzt. Stattdessen werden wieder alt bekannte Verfahren verwendet, um zufällige Mutationen auszulösen: Saatgut von Gerstenpflanzen wurde mit bestimmten Chemikalien in Kontakt gebracht, um die Mutationsrate und die genetische Vielfalt zu erhöhen. Danach wurden per Kreuzung und Selektion die gewünschten Eigenschaften herausgezüchtet. Körner der Gerste mit einer veränderten Zusammensetzung der Stärke sollen das Bierbrauen vereinfachen. Obwohl das im Patent beschriebene Verfahren weder neu noch technisch ist, beansprucht die Firma das entsprechende Saatgut, die Pflanzen, ihre Ernte sowie Lebensmittel und Getränke, die daraus hergestellt werden, als ihre Erfindung.

Die Reichweite der Patente ist ungeheuerlich: Die Patente erstrecken sich auf Braugerste, das Brauen von Bier und das Bier selbst. Gemeinsam können die Konzerne ihren Lieferanten vorschreiben, dass sie nur noch die patentierte Gerste anbauen dürfen. Die Brauereikonzerne können so zweimal verdienen: Am Verkauf des Bieres und am Anbau der Gerste! Gleichzeitig können sie andere Züchter*innen und Brauereien daran hindern, eine noch bessere Gerste zu züchten. Somit werden andere Produzenten von Braugerste und Bieren in Europa maßgeblich eingeschränkt.

 
 

Warum werden diese Patente überhaupt noch erteilt?

 
 

Die Erteilung von Patenten auf konventionell gezüchtete Pflanzen und Tiere stellt einen Missbrauch des europäischen Patentrechtes dar, der nur durch juristische Spitzfindigkeiten seitens der Europäischen Patentorganisation ermöglicht wurde.

Beispielsweise wurde 2015 die umstrittene Grundsatzentscheidung getroffen, dass Verfahren der konventionellen Züchtung zwar nicht patentiert werden dürfen, aber Pflanzen und Tiere, die aus einer solchen Züchtung stammen schon.

2017 hat der Verwaltungsrat des Europäischen Patentamts (EPA) eine neue Regel in der Ausführungsordnung beschlossen, nach der sowohl die Verfahren zu konventionellen Zucht, als auch die daraus resultierenden Pflanzen und Tiere nicht patentiert werden dürfen. Allerdings hat es die EPA verabsäumt die Mitteilung der Kommission zu adaptieren. Aus diesem Grund gelten weiterhin alle Prozesse der Selektion ohne Kreuzung oder der zufälligen Mutation als patentierbare Erfindungen.

 
 

Warum vergibt das Europäische Patentamt diese Patente?

 
 

Das Europäische Patentamt hat ein wirtschaftliches Interesse so viele Patente wie möglich zu erteilen – es verdient letztlich sein Geld damit. Auch die Patentanwälte verdienen viel Geld mit diesen Verfahren. Die Kosten für diese systematische Interessensverflechtung des Europäischen Patentamtes, der Patentanwälte und der Industrie tragen die Gesellschaft und die Umwelt!

Deswegen ist es notwendig, dass die Europäischen Regierungen eingreifen, um diese Praxis zu stoppen.

 
 

Wie funktioniert die Europäische Patentorganisation?

 
 

Die Europäische Patentorganisation (EPO) hat 38 Mitgliedsstaaten, darunter alle 28 EU-Länder und zusätzlich Albanien, Mazedonien, Island, Liechtenstein, Monaco, Norwegen, San Marino, Serbien, die Schweiz und die Türkei.

Die zwei Institutionen der EPO sind das Europäische Patentamt (EPA) und der Verwaltungsrat. Während das Patentamt Patentanträge prüft und erteilt, soll der Verwaltungsrat, der aus den Delegierten der Mitgliedsländer besteht, die Aktivitäten des EPA kontrollieren. Der Verwaltungsrat kann vor allem das Europäische Patentübereinkommen sowie die Regeln für die Auslegung des Übereinkommens (die sogenannten „Ausführungsordnung“) ändern. Somit kann der Verwaltungsrat die Praxis des Patentamts steuern und die Schlupflöcher schließen, die es dem Patentamt und den Großkonzernen ermöglichen, Pflanzen und Tiere trotz eines Verbots zu patentieren.

 
 

Erfunden oder gefunden?

 
 

Patente existieren, um Erfindungen rechtlich zu schützen und damit Innovation zu fördern. Pflanzen und Tiere sind aber keine Erfindung und genauso wenig die Züchtung von Pflanzen und Tieren durch wesentliche biologische Verfahren.

Die Gerste, die heutzutage für das Bierbrauen großteils genutzt wird, wurde über Jahrtausende durch Landwirt*innen und Brauer*innen entwickelt und unterscheidet sich klar von wilden Gerstensorten. Ohne diese Entwicklungen gäbe es heute überhaupt keine Kultursorten. Was Carlsberg und Heineken gemacht haben, ist nur eine Fortsetzung dieser Entwicklung: Die patentierte Gerste wurde zwar ge-, aber nicht erfunden.

Im aktuellen Fall wurden die Körner der Gerste mit einer Chemikalie in Kontakt gebracht, die die Mutationsrate erhöhen soll. Hinterher wurden die Pflanzen mit den erwünschten Eigenschaften ausgewählt; dabei war bereits bekannt, nach welchen Mutationen man suchen musste. Diese Prozesse wurden zwar mithilfe moderner Technologien im Labor durchgeführt, sie unterscheiden sich aber grundsätzlich nicht von den Methoden, die Landwirt*innen und Gärtner*innen seit Jahrhunderten auf dem Feld und im Garten anwenden.

 
 

Warum blockieren Patente den Zugang zu Saatgut?

 
 

Züchter*innen brauchen Zugang zu Saatgut (wie etwa durch das Sortenschutzrecht), um wichtige züchterische Arbeit zu leisten und Saatgut laufend anzupassen, zum Beispiel an Klimaveränderungen sowie an neue Schädlinge und Krankheiten. Mit ihrer patentierten Gerste könnten Heineken und Carlsberg andere Züchter*innen und Brauereien daran hindern, eine noch bessere Gerste zu züchten. Zudem führt eine Monopolisierung des Saatgutmarktes – auf Kosten der klein- und mittelständischen Züchterbetriebe in Österreich – zu einem Rückgang des Wettbewerbs. Das wiederum führt zu verstärkten Abhängigkeiten für Landwirt*innen und Verbraucher*innen.

 
 

Welche Folgen haben diese Patente?

 
 

Die Patente sind noch sehr jung: Es ist also schwer die unmittelbaren Folgen abzusehen. Aber die mittel- und langfristigen Auswirkungen sind sehr problematisch. Die Konzerne können ihren Lieferanten vorschreiben, dass sie nur noch die patentierte Gerste anbauen dürfen. So verdienen sie gleich zweimal – am Verkauf des Biers und am Anbau der Gerste. Gleichzeitig können sie andere Züchter*innen daran hindern, noch bessere Gerste zu züchten. Wenn in Zukunft die beschriebenen Eigenschaften bei einer anderen Braugerste entdeckt oder durch Züchtung entwickelt werden, fallen diese auch unter die Kontrolle durch die Patente!

So können die Konzerne ihre Marktmacht weiter ausbauen – zum Schaden von Landwirt*innen, anderen Brauereien, Züchter*innen und Verbraucher*innen. Die Patentierung hat natürlich auch schwerwiegende Folgen für die Vielfalt, weil der Zugang zu unseren genetischen Ressourcen massiv eingeschränkt wird. Es wird damit schwierig, neue Sorten zu entwickeln, die uns zum Beispiel bei der Anpassung an den Klimawandel helfen.

 
 

Ist die patentierte Gerste schon in meinem Bier?

 
 

Zu diesem Zeitpunkt wissen wir nicht, ob eine patentierte Gerste in Österreich schon angebaut oder verarbeitet wird oder ob sich die Gerste im Bier befindet, das in Österreich erhältlich ist. Das Patentsystem ist sehr intransparent: Da eine Eigenschaft und nicht eine Sorte patentiert wird, gibt es nämlich keine Kennzeichnung von Saatgut oder Pflanzen, die von einem Patent betroffen sind. Diese Lage schafft Rechtsunsicherheit für Landwirt*innen und Züchter*innen. Es ist auch für Konsument*innen fast unmöglich zu wissen, ob es sich um patentierte Lebensmittel handelt.

 
 

Was kann die österreichische Politik tun?

 
 

Österreich ist, wie alle Vertragsstaaten, im Verwaltungsrat des Europäischen Patentamts vertreten. Hier müssen die Politiker*innen weiterhin ihre Ablehnung gegen die Patentierung von Leben klar festlegen und sich dafür einsetzen, dass die Schlupflöcher, die die neue Regelung birgt, rasch geschlossen werden.

Darüber hinaus hat Österreich die Möglichkeit Allianzen zu schmieden und Mitglieder des Verwaltungsrats, die bisher eher neutral sind oder auf der Seite der Patentlobby stehen, für ein eindeutiges Verbot der Patentierung von Pflanzen und Tiere aus konventioneller Züchtung zu gewinnen.

Im österreichischen Patentrecht gibt es seit 2016 ein Verbot von Patenten auf Pflanzen und Tiere. 2018 wurde das Patentrecht leicht novelliert, aber es fehlt immer noch an klaren Regeln im Umgang mit Patenten, die konventionelle Züchtung betreffen. ARCHE NOAH hat bereits konkrete Vorschläge für Änderungen präsentiert, diese sollten bald umgesetzt werden, um ein klares Zeichen in Europa zu setzen!

 
 

Was sind die weiteren Ziele von ARCHE NOAH?

 
 

Auf politischer Ebene haben wir ein großes Ziel. Nach jahrelangem, intensivem Einsatzes wollen wir auch weiterhin Druck auf die politischen Entscheidungsträger*innen ausüben. Wir wollen der Europäischen Patentorganisation zeigen, dass wir uns nicht mit kleinen Änderungen in der gesetzlichen Grundlage abspeisen lassen.

Die Schlupflöcher im Gesetz gehören gründlich geschlossen. Das heißt: Alle Pflanzen und Tiere und deren genetische Ressourcen und natürliche Eigenschaften sowie konventionelle Züchtungsverfahren müssen von der Patentierung ausgeschlossen sein!